von Dr. med. Klaus Merle 

Alkohol am Arbeitsplatz

Oktober 24, 2023 in Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz

Alko­hol am Arbeits­platz ist ein The­ma, was die Arbeits­welt seit Jahr­zehn­ten beglei­tet. Es gibt dazu unzäh­li­ge Sta­tis­ti­ken und Aus­ar­bei­tun­gen, die in ers­ter Linie Daten und Fak­ten lie­fern, aber weni­ger einen Weg für Unter­neh­men auf­zei­gen, wie man opti­miert damit umge­hen kann. Einen Über­blick über Daten und Fak­ten lie­fert ein Facts­heet der Deut­schen Haupt­stel­le für Sucht­fra­gen. Ich habe in mei­ner Funk­ti­on als Werk­arzt in einem gro­ßen deut­schen Kon­zern sehr vie­le Erfah­run­gen im Umgang mit alko­hol­ab­hän­gi­gen Mit­ar­bei­tern gesam­melt. Es berührt einen auch mensch­lich, wenn man sieht, wie eine Fami­lie unter den Fol­gen eines alko­hol­ab­hän­gi­gen Fami­li­en­mit­glie­des lei­det und alles ver­sucht, in eine nor­ma­le und gere­gel­te Welt zurück zu keh­ren.  Die Cau­sa Alko­hol­krank­heit liegt mir am Her­zen und ich möch­te in die­sem Bei­trag Wege für Unter­neh­men auf­zei­gen, wie man betrof­fe­ne Mit­ar­bei­ter iden­ti­fi­ziert, anspricht und auf dem Wege zu einer erfolg­rei­chen The­ra­pie beglei­tet. Es ist nicht ein­fach. Der Weg ist stei­nig und mit vie­len Hin­der­nis­sen ver­se­hen. Es war­tet eine Men­ge Arbeit und Enga­ge­ment auf einen, aber es lohnt sich. Es ist eine gro­ße Freu­de zu sehen, wie ein Mensch sei­ne Sucht über­win­det und wie­der in der Gebor­gen­heit sei­ner Fami­lie ankommt. 


Wie definiert man die Alkoholkrankheit?

Magnus Huss (1849), Abra­ham Baer (1878) und Elvin Mor­ton Jel­li­nek (1951) erkann­ten, dass Alko­hol­ab­hän­gig­keit eine Krank­heit und kei­ne Cha­rak­ter­schwä­che dar­stellt. Jel­li­nek hat ein Kon­zept ent­wi­ckelt, was in Tei­len heu­te noch von Bedeu­tung ist.

Am 18.06.1968 stellt das Bun­des­so­zi­al­ge­richt fest: Alko­hol­sucht ist kei­ne Cha­rak­ter­schwä­che, feh­len­der Wil­le oder eine Lau­ne. Sie ist “eine Krank­heit”. Dadurch wur­de erreicht, dass die Kran­ken­kas­sen und Ren­ten­ver­si­che­rung die Behand­lung bezah­len, was ein Mei­len­stein in der The­ra­pie dar­stellt. Die Krank­heit ist im ICD 10 unter F10.2 “Abhän­gig­keits­syn­drom” klas­si­fi­ziert. Die Kri­te­ri­en zur Dia­gno­se sind in der Abbil­dung aufgezeigt.

Was ist das Suchtgedächtnis?

Men­schen kön­nen über Jah­re hin­weg viel Alko­hol trin­ken, ohne jemals abhän­gig bzw. alko­hol­krank zu wer­den. Es bedarf ver­schie­de­ner Mecha­nis­men, die zu einer Abhän­gig­keit führen.

Warum trinken Menschen Alkohol?

  1. um “wie die ande­ren zu sein”
  2. um Pro­ble­me zu ver­ges­sen oder sich zu entspannen
  3. um der Lan­ge­wei­le zu entkommen
  4. um sich erwach­se­ner zu fühlen
  5. um zu expe­ri­men­tie­ren, auch aus Neugierde
  6. bei Angst vor dem Alleinsein
  7. aus Pro­test
  8. aus Unsi­cher­heit, feh­len­de Konfliktfähigkeit
  9. bei Bezie­hungs­stö­run­gen
  10. bei per­sön­li­chen Schicksalen
  11. zur Flucht vor Alltagsproblemen
  12. bei Über­for­de­run­gen

Wie entsteht das Suchtgedächtnis?

Nicht jeder, der regel­mä­ßig Alko­hol kon­su­miert, wird abhän­gig und prägt ein Sucht­ge­dächt­nis aus.

Vor­aus­set­zung ist der Anlass:

  1. nega­ti­ve Emo­tio­nen (Ängs­te, Stress) vermeiden
  2. posi­ti­ve Effek­te (Ent­span­nung, Eupho­rie) erzeugen
Das Gehirn “merkt” sich auf neu­ro­phy­sio­lo­gi­scher Ebe­ne die Resul­ta­te äußerst schnell und erzeugt so einen inten­si­ven Anreiz zur Wiederholung

Dopa­min ist ein Boten­stoff, mit dem die Ner­ven­zel­len unter­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren. Auf­ga­be des Dopa­mins ist es, unse­re Auf­merk­sam­keit auf die Rei­ze zu len­ken, deren Befrie­di­gung zu Wohl­be­fin­den führt. Es mar­kiert also die ent­spre­chen­den Rei­ze als beson­ders “wich­tig”.


Sucht beginnt mit Ver­lan­gen (Cra­ving)

Sucht basiert auf einer Fehl­steue­rung des Belohnungssystems

  1. etwa 200 x mehr Dopa­min wird ausgeschüttet
  2. Ner­ven­zel­len weh­ren sich gegen die­se Dopa­min­flut und redu­zie­ren die Anzahl der Rezeptoren
  3. das Signal wird schwä­cher und die Emp­fin­dung ist ein Beloh­nungs­de­fi­zit, weil sich das Gehirn an stär­ke­re Signa­le gewöhnt hat
  4. es ent­steht Verlangen

Dopa­min dockt an spe­zi­el­le Rezep­to­ren an


„Ver­lan­gen wird zur Sucht:

  1. Glut­amat ist ein wich­ti­ger erre­gen­der Neu­ro­trans­mit­ter im zen­tra­len Nervensystem
  2. Alko­hol dämpft kurz­fris­tig die­se Wir­kung durch Blo­cka­de der Rezep­to­ren (=NMDA-Rezep­to­ren)
  3. Signal­ab­schwä­chung
  4. Glut­amat wird ver­mehrt aus­ge­schüt­tet, um altes Gleich­ge­wicht wiederherzustellen
  5. bei Weg­fall des Alko­hols ent­steht dann eine Über­er­re­gung, da die Blo­cka­de weg­fällt.
  6. ver­stärk­te Signal­wir­kung führt zur Über­er­re­gung (Unru­he, Gereizt­heit, Aggres­si­vi­tät)
  7. erneu­ter Alko­hol­kon­sum redu­ziert die Erregung
  8. so ent­steht die Spi­ra­le zur Suchterkrankung

Alko­hol blo­ckiert Glut­amat­re­zep­to­ren und täuscht Ent­span­nung vor. Die natür­li­che „Glut­amat­brem­se“ ist bei der Alko­hol­krank­heit nach­hal­tig gestört.


Die Gna­de des Ver­ges­sens ist dem Sucht­ge­dächt­nis nicht gegeben !


Mit Hil­fe der Posi­tro­nen­emis­si­ons­to­mo­gra­phie (PET) kann man sehr schön nach­wei­sen, wie selbst Bil­der von alko­hol­hal­ti­gen Geträn­ken das Sucht­ge­dächt­nis auch bei “geheil­ten” Alko­ho­li­kern anre­gen. Eine erfolg­rei­che Ent­wöh­nungs­the­ra­pie bedeu­tet auch eine lebens­lan­ge Abs­ti­nenz, um letzt­end­lich “tro­cken” zu bleiben.


Wie motiviere ich einen Alkoholkranken zur Annahme des Hilfsangebots?

Alko­hol­ab­hän­gi­ge Per­so­nen ver­mei­den nach Mög­lich­keit die Kon­fron­ta­ti­on mit der Rea­li­tät und flüch­ten sich in Aus­re­den. „Ich trin­ke nicht mehr als die ande­ren.“ „Ich trin­ke nie am Mor­gen.“ „Nur am Wochen­en­de.“ „Ich trin­ke nie aus­ser Haus” sind eini­ge Bei­spie­le. Man lenkt vom The­ma ab („Nicht der Alko­hol­kon­sum ist mein Pro­blem, son­dern mei­ne Depres­sio­nen.“) oder wird sogar aggres­siv („Mein Kon­sum geht nie­man­den etwas an!“).  Psy­chi­sche Abwehr­me­cha­nis­men sind nicht krank­haft, son­dern gehö­ren zur psy­chi­schen „Grund­aus­stat­tung“ jedes Men­schen. Die­se Rea­li­täts­ver­leug­nung tan­giert oft den gesam­ten pri­va­ten und beruf­li­chen All­tag und beein­träch­tigt die Bezie­hun­gen zu ande­ren Men­schen. Erst wenn der Betrof­fe­ne selbst erkannt hat, dass er ein Alko­hol­pro­blem hat, ist er bereit sich hel­fen zu las­sen und etwas zu unter­neh­men. Die­se Ein­sicht wird aber nur erreicht, wenn der Betrof­fe­ne an den Fol­gen sei­ner Trin­ke­rei mehr lei­det, als der Alko­hol­kon­sum ihm ande­rer­seits noch Lust­ge­winn oder Trost ver­schafft. Die Eigen­mo­ti­va­ti­on kommt — wenn über­haupt — erst sehr spät. Des­halb muss man nach ande­ren Moti­va­tio­nen suchen und die Vor­aus­set­zun­gen dafür schaf­fen. Ein Bei­spiel dafür ist der Ver­lust des Arbeits­plat­zes. Man spricht dann von Fremd­mo­ti­va­ti­on, die in die­sem Fall der Arbeit­ge­ber initi­iert. Wir haben in unse­rem Werk ein Vor­ge­hen gewählt, was ich im Fol­gen­den beschrei­ben möchte.


Wie geht man mit “einem Fall” praktisch in einem Unternehmen um?

Die wich­tigs­te Maß­nah­me ist die Defi­ni­ti­on von “0,0 Pro­mil­le am Arbeits­platz” in der Arbeits­ord­nung des Unter­neh­mens. Das ist aus Grün­den der Arbeits­si­cher­heit unab­läss­lich. Aus Soli­da­ri­tät gegen­über den gewerb­li­chen Mit­ar­bei­tern soll­te das aber auch für den “indi­rek­ten” Betrieb inklu­si­ve Vor­stän­den gel­ten. Das ver­bes­sert die Glaub­wür­dig­keit und Akzep­tanz im gan­zen Unternehmen. 

Das größ­te Pro­blem in Unter­neh­men ist das Weg­schau­en der Kol­le­gen. Man hört im Nach­hin­ein Sprü­che wie “Ich bin kein Fach­mann”, obwohl jeder Laie die Situa­ti­on erkennt. “Ich will ihm doch nichts Böses”, obwohl unterm Strich das Ver­schwei­gen dem Betrof­fe­nen mehr scha­det als hilft. Regel­mä­ßi­ge Schu­lun­gen der Beleg­schaft zu die­sem The­ma hel­fen dabei — es könn­te aber trotz­dem mehr sein. Die Bro­schü­re “Alko­hol am Arbeits­platz — nüch­tern betrach­tet” gibt dazu gute Hin­wei­se und kann auf die­ser Sei­te unter Down­loads her­un­ter­ge­la­den werden.


Gro­ße Unter­neh­men haben ver­schie­de­ne Play­er, die sich mit dem The­ma befas­sen und unter­schied­li­che Rol­len im Sys­tem haben. Der Werk­arzt hat den medi­zi­ni­schen Part und ist ers­ter Ansprech­part­ner für den Betrof­fe­nen. In die­ser Rol­le ergänzt er sich — wenn vor­han­den — mit der Betrieb­li­chen Sozi­al­hil­fe. Der Betriebs­rat wacht über den Rech­ten des Mit­ar­bei­ters. In Unter­neh­men mit einem Betriebs­rat ist es sinn­voll, eine Betriebs­ver­ein­ba­rung zu die­sem The­ma abzu­schlie­ßen, die im Pro­zess­ab­lauf enorm hilf­reich ist, da Eck­punk­te im Vor­feld geklärt sind. Sucht­hel­fer oder Betrieb­li­che Ansprech­part­ner Sucht (BAS) sind Mit­ar­bei­ter, die sich für die­ses The­ma inter­es­sie­ren und in einem halb­jähr­li­chen Wochen­end­lehr­gang bei einer dafür qua­li­fi­zier­ten Insti­tu­ti­on eine ent­spre­chen­de Aus­bil­dung mit einem Abschluss erhal­ten. Sie sind Ansprech­part­ner im Betrieb und beglei­ten Betrof­fe­ne bei ihren unter­schied­li­chen Wegen im The­ra­pie­ver­lauf. Ihre Arbeit hat kei­nen the­ra­peu­ti­schen Ansatz. Zum Schluss regelt die Per­so­nal­ab­tei­lung die per­so­nal­recht­li­che Situa­ti­on, wo es ver­schie­de­ne Ansät­ze gibt.


Das Swim­la­ne-Dia­gramm “Vor­ge­hens­wei­se bei Sucht­er­kran­kun­gen” zeigt die ver­schie­de­nen Pha­sen des Weges mit den ent­spre­chen­den Ver­ant­wort­li­chen vom ers­ten Gespräch bis zum The­ra­pie­ab­schluss — erfolg­reich oder erfolglos.


Das initia­le Gesche­hen kann unter­schied­lich aussehen:

  1. Der Betrof­fe­ne wen­det sich mit sei­nem Pro­blem an sei­nen Vor­ge­setz­ten oder einen Sucht­hel­fer. Die­se Fäl­le kom­men eher sel­ten bis nie vor.
  2. Dem Vor­ge­setz­ten oder einem Kol­le­gen fällt ein Alko­hol­miss­brauch auf.

Es wird ein ers­tes Gespräch geführt, in dem der Betrof­fe­ne sein Pro­blem schil­dern kann. Unter 1. kann mit der Initi­ie­rung der The­ra­pie begon­nen wer­den. Der ers­te Schritt ist die Bera­tungs­stel­le. Hier wird in einem sozi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­ten das Behand­lungs­ver­fah­ren geklärt. In der Regel ist die sta­tio­nä­re The­ra­pie die erfolgs­ver­spre­chens­te Lösung und dau­ert unge­fähr 3 — 4 Mona­te. Öfters wird danach zur Abs­ti­nenz­si­che­rung noch eine ambu­la­te The­ra­pie ange­hängt. Wäh­rend die­ser Zeit ist der Betrof­fe­ne arbeits­fä­hig und besucht in der Regel ein­mal wöchent­lich den Behand­ler. In der Nach­sor­ge besucht der Betrof­fe­ne über min­des­tens 2 Jah­re eine Selbst­hil­fe­grup­pe. In regel­mä­ßi­gen Abstän­den wird zur Abs­ti­nenz­kon­trol­le der CDT-Wert kon­trol­liert. Wenn die Nach­sor­ge erfolg­reich absol­viert wird endet die Maß­nah­me und alle Ein­trä­ge in der Per­so­nal­ak­te zu die­sem The­ma wer­den gelöscht.

Häu­fi­ger ist der Grund für ein Gespräch der Alko­hol­miss­brauch am Arbeits­platz trotz Ver­bo­tes. Im ers­ten Schritt führt der Vor­ge­setz­te das Gespräch, der Betriebsarzt/Werkarzt kann auf Wunsch der Betei­lig­ten dazu­kom­men. Soll­te der Betrof­fe­ne ein Pro­blem zuge­ben und eine Behand­lung wün­schen wird wie unter 1. wei­ter ver­fah­ren. Soll­te er kein Pro­blem zuge­ben erhält er eine Ermah­nung durch die Füh­rungs­kraft. Wei­ter­hin wer­den die Ver­halts­re­geln bespro­chen und schrift­lich fest­ge­hal­ten. Nach vier bis sechs Wochen wird ein wei­te­res Gespräch geführt und die ver­gan­ge­ne Zeit reflek­tiert. In die­ser Situa­ti­on ist die Per­so­nal­ab­tei­lung noch nicht im Spiel und es gibt kei­ne Ein­trä­ge in die Personalakte. 

Soll­te sich im Fol­ge­ge­spräch des Betrof­fe­nen mit dem Vor­ge­setz­ten die Situa­ti­on gebes­sert haben wer­den wei­te­re Gesprä­che im Abstand von 4 Wochen geführt, um das The­ma auf dem Schirm zu behal­ten. Hat sich die Situa­ti­on nicht geän­dert wird die Per­so­nal­ab­tei­lung benach­rich­tigt. Hier wird dem Betrof­fe­nen erneut das Ange­bot einer The­ra­pie unter­brei­tet. Da jetzt bei Betei­li­gung der Per­so­nal­ab­tei­lung das Fehl­ver­hal­ten akten­kun­dig wird erhält der Betrof­fe­ne eine Abmah­nung wegen wie­der­hol­tem Ver­stoß gegen die Arbeits­ord­nung, wenn er kei­ne Hil­fe annimmt und ein Pro­blem abstrei­tet. In unse­rem Unter­neh­men wur­de bei zwei Abmah­nun­gen die Kün­di­gung aus­ge­spro­chen. Um die Moti­va­ti­on zur The­ra­pie bei dem Betrof­fe­nen zu erhö­hen haben wir den Mit­ar­bei­ter mit Datum Tag des Ereig­nis­ses + neun Mona­te gekün­digt. Soll­te die The­ra­pie erfolg­reich ver­lau­fen sein (Votum des Werk­arz­tes) wur­de die Kün­di­gung wider­ru­fen und er an sei­nem alten Arbeits­platz wei­ter ein­ge­setzt. Soll­te es zu einem Rück­fall kom­men erhält der Betrof­fe­ne mit den glei­chen Kri­te­ri­en eine zwei­te Chan­ce zur Therapie.

Mit die­ser Metho­de waren wir recht erfolg­reich. In mei­nen 20 Jah­ren im Unter­neh­men haben wir unge­fähr 20 bis 25 Mit­ar­bei­ter bei einer Alko­hol­ent­wöh­nungs­the­ra­pie beglei­tet. 5 Mit­ar­bei­ter brauch­ten einen zwei­ten Anlauf und ledig­lich in einem Fall wur­de eine Kün­di­gung aus­ge­spro­chen, die auch durch das Arbeits­ge­richt bestä­tigt wurde.


Was kann man als Unternehmen präventiv tun?

Suchtkreis

Gro­ße Unter­neh­men haben einen Werk­arzt, eine Betrieb­li­che Sozi­al­hil­fe (HSS), einen Betriebs­rat und meh­re­re Betrieb­li­che Ansprech­part­ner Sucht (BAS). In die­sem Kreis wer­den “Ver­dachts­fäl­le” und “Fäl­le” bespro­chen und auch beglei­tet. Jedem BAS wird ein “Fall” zuge­ord­net. Er hält Kon­takt und berich­tet in den Sucht­kreis. Man­che Unter­neh­men instal­lie­ren auch eine Sucht­grup­pe. Hier tref­fen sich Betrof­fe­ne und alle Inter­es­sier­ten mit Alko­hol­pro­ble­men. Beglei­tet wird die Sucht­grup­pe durch einen BAS. Es dient zum Infor­ma­ti­ons­aus­tausch und hilft den Betrof­fe­nen bei der Abs­ti­nenz­si­che­rung. Oft­mals spon­sert der Arbeit­ge­ber dafür eine Arbeits­stun­de. In Mit­tel­stands­be­trie­ben lässt sich das schwer auf­stel­len. Hier emp­fiehlt es sich, eine Task Force für sol­che Fäl­le auf­zu­stel­len. Auch wür­de ich Inter­es­sier­te zu BAS aus­bil­den las­sen, die in sol­chen Fäl­len sehr hilf­reich sein können.


Aktionswoche

Die Deut­sche Haupt­stel­le Sucht ruft jedes Jahr eine Sucht­wo­che aus. Jeder Betrieb kann in die­sem Zeit­raum Aktio­nen im Unter­neh­men pla­nen, wo ver­schie­de­ne Facet­ten des Alko­hol­kon­sums betrach­tet und illus­triert wer­den. Mate­ri­al für eine sol­che Ver­an­stal­tung wird kos­ten­los zur Ver­fü­gung gestellt. Ein Film zu die­sen Aktio­nen fin­det man in You­tube (Klick auf das obe­re Bild).


Beratungsstellen

Bera­tungs­stel­len für alko­hol­kran­ke Men­schen sind in ganz Deutsch­land ver­teilt. Die Deut­sche Haupt­stel­le Sucht hat ein Adres­sen­ver­zeich­nis zusam­men­ge­stellt, wo man die nächs­te Bera­tungs­stel­le anhand der PLZ suchen kann.


Das Hand­ling von alko­hol­kran­ken Men­schen am Arbeits­platz gehört mit zu den schwie­rigs­ten Gebie­ten im All­tag eines Per­so­nal­ers. Um es letzt­end­lich effi­zi­ent gestal­ten zu kön­nen braucht es einen Plan. In die­sem Bei­trag habe ich ver­sucht, Wege auf­zu­zei­chen. Zum Schluß möch­te ich noch bemer­ken, dass die Alko­hol­krank­heit genau­so eine Krank­heit wie Herz­in­farkt, Krebs­er­kran­kung oder Band­schei­ben­vor­fall ist. Es hat nichts mit Lau­ne und Cha­rak­ter­schwä­che zu tun — im Gegen­teil: alko­hol­kran­ke Men­schen sind in vie­len Fäl­len lie­be­vol­le Men­schen gegen­über Frau und Kin­der — wenn sie nicht getrun­ken haben. Wenn man das Prin­zip der Alko­hol­krank­heit ver­stan­den hat bie­tet es vie­le Ansät­ze zur Hil­fe. Die­se Men­schen ver­die­nen unse­ren Respekt und unse­re Hil­fe. Häu­fig sieht es aber ganz anders aus.

Über den Autor

Dr. med. Klaus Merle

Facharzt für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin

Sportmedizin / Reisemedizin / Chirotherapie..

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