TUI Cruises versucht mit einem guten Hygienekonzept die Schiffsreisen in einem beschränkten Umfang aufrecht zu erhalten, was bisher ganz gut gelingt — vermeintlich besser als bei anderen Reedereien. Vom 21.11.2021 bis zum 17.01.2022 war ich als Schiffsarzt mit der Mein Schiff 6 im Persischen Golf unterwegs und möchte von diesem Einsatz berichten.
Bis Weihnachten gab es Reisen von Dubai über Abu Dhabi in den Oman und zurück. Maximal hatten wir etwas mehr als 1000 Gäste an Bord. Crew und alle Gäste waren mindestens gegenüber Covid 19 grundimmunisiert, teilweise aber auch schon geboostert. Weiterhin war ein negativer PCR-Test (maximal 72 Std. alt) Voraussetzung für die Einschiffung. Alle Flugreisenden wurden zu diesem Zeitpunkt nochmals im Flughafenterminal in Dubai gestestet. Das Ergebnis wurde per SMS dem Gast auf seiner Handynummer mitgeteilt. Während der Reise wurde am Tag vor Einreise in den Oman auf dem Schiff nochmals ein Schnelltest durchgeführt, da die Behörden im Oman es so für die Einreise vorgaben. Wenn auf dem Schiff Tests positiv laufen, dann ist vorgesehen, dass die betroffenen Personen ausgeschifft und in einem Quarantänehotel untergebracht werden müssen. Auf dem Schiff selbst gab es auf Deck 7 in der Feuerzone 2 Quarantänekabinen, eine Seite für Indexfälle (roter Pfeil) und die andere Seite für closed contacts (gelber Pfeil). Die Klimaanlage war in diesem Bereich mit Hepa-Filtern ausgestattet.
Bei unserer ersten Testung für die Einreise in den Oman hatten wir schon zwei positive Tests. Beide Personen waren mit Corminaty grundimmunisiert.
Für die Weihnachts- und Silvesterreise wurde Doha zusätzlich in die Route aufgenommen. Weiterhin hatten knapp 2000 Personen die Reise gebucht. Aufgrund der Ferien waren 370 Kinder mit an Bord. Im Nachhinein sollte es sich als Problem herausstellen. Neben dem Oman forderte auch Doha einen Schnelltest für das komplette Schiff inklusive Crew. Nun waren wir nur noch am testen: 24.12. Durchreisegäste, 28.12. Oman und 31.12. Doha. Weiterhin musste die Crew aufgrund der Vorgaben in UAE für den Ausgang alle 2 Wochen mit PCR getestet werden.
Bei so vielen Tests bleibt es nicht aus, dass positive Fälle auftauchen. Zwischen den Jahren hielt es sich noch in Grenzen, aber am 31.12. hatten wir dann 18 Gäste und am 01.01. bei der Crew PCR ebenfalls 16 Crewmember. Aufgrund der unklaren Situation auf dem Schiff und unzuverlässiger Mitteilung der Testergebnisse — Dubai ist Emergency-Hafen in der Region und es lagen noch weitere 4 Schiffe mit teilweise deutlich mehr Positiven an Bord im Hafen, die Testkapazität in der Onboard-Klinik im Terminal war mehr als ausgeschöpft — entschloss sich TUI Cruises am 03.01.2022, die laufende Reise abzubrechen und alle Reisen auf der Mein Schiff 6 bis zum 24.01. abzusagen. Die Gäste reisten ab und bis auf eine Working Crew von 260 Personen wurden alle anderen Crewmember in Hardquarantäne geschickt. Dazu wurden die Balkonkabinen auf dem Schiff genutzt. Weiterhin war die Queen Elizabeth II — ein ehemaliges Kreuzfahrtschiff, was jetzt an der Pier in Dubai liegt und als Hotel umfunktioniert wurde — als Quarantänehotel völlig ausgebucht. Daher entschloss man sich nach Absprache mit der DHA (lokale Gesundheitsbehörde), die Quarantäne der verbleibenden positiven Gäste auf dem Schiff in dem dafür vorgesehenen Bereich durchzuführen. Hinzu kamen noch 4 positive Kinder, die bei den Schnelltests für die Ausreise nach Deutschland entdeckt wurden.
Ab dem 03.01.2022 haben wir jeden Tag die Working Crew getestet. Täglich gab es zwischen 4 — 8 neue positive Fälle. Ab dem 13.01.2022 waren wir in der Working Crew negativ, so dass sich die Lage langsam entspannte. Am 17.01.2022 bin ich abgestiegen und am 24.01.2022 konnte das Schiff mit neuen Bedingungen weiterfahren.
Letztendlich hatten wir insgesamt seit dem 30.11.2021 116 positive Fälle. Die Kontaktverfolgung war schwierig. Die Gäste haben es überwiegend mitgebracht und dann auf dem Schiff verteilt. Das Flugzeug war sicherlich ein kritischer Punkt. Aufgrund der Tatsache, dass die Nachweisbarkeit erst nach drei Tagen möglich ist, kamen diese Personen unentdeckt an Bord und fielen erst bei den Tests für Oman oder Dubai auf. In der Crew hatten wir die meisten Fälle im SPA-Bereich und bei ShoreExcursion. Hier ist auch der Kontakt zu den Gästen am dichtesten. Auch der Barbereich war mehr betroffen. Engine und Deck waren eher unauffällig.
Letztendlich muss man Folgendes feststellen:
- Der Flieger stellt ein Problem dar
- Die Expo in Dubai hat die Infektionsrate in diesem Bereich massiv nach oben getrieben und war auch für einige Gäste die Quelle, die vor ihrer Schiffsreise die Expo besucht hatten.
- Zwei Bordingtage waren keine gute Idee
- 2000 Gäste mit vielen Kindern, die auf dem Schiff “nicht zu bremsen sind” und auch als Überträger fungieren, waren eindeutig zuviel.
- Die Disziplin mancher Gäste in puncto Hygieneregeln war mäßig. Die Bars waren teilweise überfüllt und auch bei den Testserien kame viele Gäste außerhalb ihrer geplanten Zeit und standen dann in langen Reihen dicht an dicht. Auf freundliche Hinweise der Crew zu den Regeln reagierten diese Menschen er missmutig und unverständnisvoll, teilweise sogar aggressiv.
Allerdings muss man sagen, dass es immer wieder nur kleine Gruppen sind, die stören. Der große Rest hat gut mitgemacht. Aber solche Gruppen reichen aus, um das Schiff dann in eine solche Situation zu bringen. Sie verderben damit auch den Spaß für alle anderen Gäste. Solidarität ist nun mal nicht jedermanns Sache.
Für mich war es der härteste Einsatz in fast zwanzig Jahren Schifffahrt mit teilweise 16 — 17 Stunden täglicher Arbeitszeit. Aber es ist auch ein erfüllendes Gefühl, wenn man einem Unternehmen, was einem schon so viele schöne Stunden ermöglicht hat, dabei helfen kann, seine Probleme zu überwinden, um wieder in “ruhigere Gewässer” zu gelangen.